Sea + Air

Interview

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Mit Wurzeln in England und Griechenland haben sich Sea + Air in Deutschland zusammengefunden. Passend widmet das Pop-Duo ihr neues Album EVROPI (griechisch für Europa) ihrer gefühlten Heimat und sprechen mit uns über ihre Motivation hinter dem Albumtitel, ihre Lieblingsplatten und Live-Auftritte.

Gratuliere zum neuen Album - wie fühlt es sich an euer neuestes Werk in die Welt hinaus zu lassen?

Eleni: Danke! Das Herz rast.
D: Ich glaube nur frischgebackene Eltern können ganz abgeschwächt nachempfinden, wie stolz wir sind.

Ich würde gerne kurz einen Blick auf eure musikalische Erziehung machen: Was ist eure früheste musikalische Erinnerung?

E: Wie ich mit 3 Jahren in den Armen meines Vaters mit geschlossenen Augen zu Stevie Wonders „I just called to say I love you“ tanze.
D: Das erste mal, dass ich Schmetterlinge im Bauch hatte, war als ich als Kind den Gitarrist einer schlechten Dorfband ein noch schlechteres Solo habe kniedeln hören. Alter, war das ne Offenbarung!

Welche Bands begleiten euch seit den Anfängen und wer sind eure größten Idole oder Inspirationsquellen?

E: Mein Aha-Erlebnis hatte ich als Zwölfjährige mit Nirvana. Mir hat die rohe Energie in der Musik imponiert. Die Energie flasht mich auch heute noch. Ein Grund warum ich selber angefangen hab Musik zu machen in meiner ersten Band Jumbo Jet. Das Schreien rettet mir auch heute noch immer wieder das Leben. Am meisten inspirieren mich Künstler, die sich ihren eigenen Kosmos erschaffen haben wie beispielsweise Kate Bush oder Prince. Die alle Genres sprengen und daraus ihr ganz spezielles Ding machen.
D: Als Kind hab ich immer Live-Platten gehört. „Under A Blood Red Sky“ von U2 oder die Live - Platte einer unbekannten Punkband namens Undercover. Da krieg ich heute noch Gänsehaut. Als ich dann mit 10 Jahren „Darn Floor – Big Bite“ von Daniel Amos hörte, hatte ich dieses Erlebnis, das jeder mal haben sollte, nämlich das Gefühl: Scheisse in der Musik ist ja ALLES möglich.

EVROPI heißt Europa auf griechisch - welche Bedeutung hat dieser Albumtitel für euch?

D: Evropi ist für uns die Utopie Europas. Das Ideal. Ein Kontinent, der Menschen verbindet. Der offen ist für alle. Diese Idee ist schon so alt wie der Name Europa und wir sind heute näher dran als je zuvor. Obwohl es immer noch ein langer Weg ist. Unser Album ist der Soundtrack einer jungen Generation von Menschen, die sich als Europäer sehen und das positiv meinen.

Welchen Stellenwert als Europa als solche für euch? Als Paar aus unterschiedlichen Ländern?

D: Es ist unsere Heimat.

Eleni, wie stark beschäftigt dich die momentane Situation in Griechenland und wie weit floss das in EVROPI ein?

E: Ich habe viele Verwandte in Griechenland um die ich mir natürlich Sorgen mache. Aber so gesehen leben diese ja auch seit fünf Jahren in der Krise und sie nehmen es gelassen, so lange sie gesund sind. EVROPI hat mit der Krise direkt nichts zu tun. Vielmehr ging es um die Eindrücke, die wir auf unserer Tour durch Europa gesammelt haben. EVROPI erzählt außerdem eine Familiengeschichte, in der Heimatlosigkeit das zentrale Thema ist.

Seit eurer letzten Veröffentlichung sind drei Jahre vergangen - was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?

E: Wir waren die gesamte Zeit auf Tour, haben nebenher Filmmusik geschrieben und EVROPI aufgenommen.

Welche Dinge wolltet ihr auf diesem Album vermeiden oder unbedingt einbauen?

E: Wir wollten ein Album machen, das Leute in ihren Hörgewohnheiten herausfordert. Keine gefällige Hintergrundmusik. Wir glauben immer noch an das Albumformat. Am besten noch auf Vinyl anhören. Sich wirklich hinsetzen ohne die Möglichkeit zu skippen. Aufstehen und andere Seite anhören. Wer das ein paar mal durchzieht, wird belohnt. Versprochen!

Wie funktioniert der kreative Prozess bei euch? Wie ist die Herangehensweise an neue Songs?

D: Bei diesem Album hatten wir durch unsere 600-Konzerte-in-3-Jahren-Tour das Problem, dass wir gar keine Zeit fanden, neue Songs zu schreiben. Irgendwann fiel uns auf, dass wir instinktiv Musik erschaffen. Unter der Dusche, beim durch die Städte streunern. Da spielte sich im Kopf immer Musik ab. Meist unbewusst. Sich diese bewusst zu machen, sie zu ordnen, zu Songs zu verarbeiten, das wurde eine einmalige Herausforderung. Daher hat die neue Platte so viele kleine Ohrwürmer in jedem Song, weil das alles Melodien oder Rhythmen waren, die man sich merken musste. Alles Zweitklassige hat sich von selbst verabschiedet, weil man sich am nächsten Tag nicht mehr erinnern konnte.

Ihr seid extrem fleissig auf Tour und habt doch oft bis zu 18 Instrumente auf der Bühne - wie bewerkstelligt ihr das?

E: Es sind ja nur zehn Instrumente, deswegen mit links.
D: Es ist mittlerweile so langweilig für uns, dass sich jeder nochmal 4 vorstellt. Dadurch kommen wir auf 18.

Woher kommt eure Liebe für das Cembalo?

E: Das Cembalo klingt wie eine Mischung aus Klavier und Gitarre. Das perfekte Rockinstrument.
D: Ich bin mit einem Cembalo im Wohnzimmer aufgewachsen.

Habt ihr ein Lieblingsland wenn es um Live-Auftritte geht? Findet ihr die Energie des Publikums variert von Land zu Land?

D: Italien zum Beispiel. Die sind absolut unhöflich, schreien manchmal bei leisen Songs im Raum umher und quatschen die ganze Zeit. Aber am Ende stellen sie einem Fragen über die Musik, wo man merkt, sie haben besser zugehört als die meisten kultivierten Zuhörer, die irgendwann abschalten. Und natürlich ist ihre Art der Hammer.

Ihr sprecht internationales Publikum an, seid aber bekanntlich sehr gerne in Stuttgart - einer musiktechnisch eher unüblichen Stadt - würde es euch reizen in anderen Städten zu leben?

E: Wir leben außerhalb von Stuttgart auf dem Land. Wir würden gerne ein Jahr in Sizilien wohnen. Aber auch da würden wir ein kleines Dörfchen vorziehen.

Wie sieht die Zukunft für euch aus? Welche nächsten Ziele wollt ihr erreichen?

E: Erst mal auf EVROPI-Tour gehen. Zwischendurch das Atmen nicht vergessen. Und danach entspannt weitere Babies machen.

Was steht für das restliche Jahr noch auf dem Programm?

E: Konzerte, Konzerte, Konzerte.

Herzlichen Dank für das Interview und alles gute für EVROPI!

Danke.

August 2015