Gaz Coombes

Interview

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Der frühere Supergrass Sänger Gaz Coombes veröffentlicht sein zweites Soloalbum Matador. Im Interview mit 7Digital erzählt er über den Enstehungsprozess seines wohl besten Albums.

Wir gratulierne ganz herzlich zu deinem neuen Album! Die Reviews sind fantastisch. In wie weit hast du dich weiterentwickelt sein deinem letzten Album "Here Come The Bombs"?

Ich finde es sind zwei komplett verschiedene Alben. Beim ersten Album habe ich viel herumexperementiert, ich habe mit verschiedenen Dingen herumgespielt und musste erst meinen Stil finden. Dieses Album ging mir irgendwie leichter von der Hand - ich habe von der ersten Sekunde an gewusst in welche Richtung der Sound gehen soll.

Hinzukommt jetzt schon einige Zeit vergangen ist seit ich Supergrass verlassen habe, ich fühl mich wohler und sicherer mit der Musik die ich schreibe. Wenn es um das Songwriting geht war ich bei diesem Album sehr fokusiert - darüber bin ich sehr zufrieden.

Was war der Startschuss für Matador?

Buffalo war der erste Track den ich fertiggestellt habe und es ist auch die erste Single des Albums - es gab also eine Parallele die ich beibehalten wollte wenn es um den Sound geht. Das gab mir auch eine Richtung vor in welche Richtung der Stil des Albums gehen sollte.

Stimmt es, dass du bereits an diesen Album gearbeitet hast als du noch mit deiner alten Platte auf Tour warst?

Ja, ich kam heim von den Konzerten und bin direkt ins Studio. Aber es ist ein sehr fortlaufender Prozess - ich trenne das Touren nur selten vom Schreiben. Ich wollte aber auf jeden Fall so schnell wie möglich weiterarbeiten - um die Dynamik zu nutzen. Ich wusste ich war in guter Form wenn es um das Schreiben von neuen Songs ging, und mit dieser Sicherheit habe ich mich direkt an die Arbeit für das zweite Album gemacht.

Dieses Album bietet eine Bandbreite von verschiedenen Stilen - hast du dich bewusst an deren Sounds versucht?

Ich würde eher sagen es war sehr instinktiv - mehr nach dem Motto "Was will ich hören"? Es ist einerseits wirklich sehr simpel aber es führt zu einem komplizierteren und intensiveren Prozess diese Idee in das Album einfließen zu lassen. Ich hatte viele Einfälle und es fiel mir nicht schwer diese zu Papier zu bringen - viele erste Aufnahmen eines Songs haben es direkt auf das Album geschafft . Wenn ich mir jetzt das Album anhöre fallen mir kleine Ausreisser auf wie das Ende von 20/20 zum Beispiel, auch wenn die sonst niemand wahrnimmt.

Vielleicht bin ich ein Purist, aber ich mag es eine Idee nicht komplett durchzuspielen oder zu sehr auf den Punkt zu bringen. Man kann das auch übertreiben. Es war eine coole Art zu arbeiten - ich hab die Ideen für die Songs relativ schnell und spontan fertig gestellt, schlicht und einfach so wie es sich für mich richtig angefühlt hat. Ich mag diese Lo-Fi Momente, ich mag es wenn man hier und da auch mal ein Zischen hört. Es geht mir darum was man hört und was rüber kommt und nicht zwingend um den perfekten Sound.

War das für dich eine neue Art zu Arbeiten?

Ja ich glaube schon. Während meiner Zeit bei Supergrass ging es immer darum zu Proben und sich für die Zeit im Studio vorzubereiten weil wir wussten es ging um viel Geld und wir würden mit einem Produzenten zusammenarbeiten. Wir mussten immer am Ball bleiben, wir konnten uns keine Verzögerungen leisten. Ich hatte nun die Möglichkeiten meinen Ideen freien Lauf zu lassen und war nicht mehr gezwungen fünf Stunden damit zu verbringen an einem Song zu arbeiten.

Ein nicht komplett perfektes Album macht es auch sehr menschlich.

Ja, das Ziel ist so nahe zur Quelle zu kommen wie möglich - entweder zu dem Sound den ich in meinem Kopf habe oder zu meinen Gefühlen. Ansonsten wird es verschwommen.

Auf dem letzten Album hast du quasi jedes Instrument selbst gespielt - war das bei Matador auch so?

So ziemlich, aber es kam immer darauf an was für den Song das Beste war. Ich habe oft Demos gemacht und bei neun von zehn Songs hab ich mich einfach sofort in den Song verliebt, ich dachte mir also "Was für einen Sinn macht es jemanden ins Studio zu holen damit er etwas genauso spielt wie ich es bereits am Demo gespielt habe". Aber zu gleichen natürlich hab ich natürlich auch Leute dazugeholt wenn ich jemanden gebraucht habe. Loz Collbert, mein Live Drummer, spielt bei vier Songs mit und mein Bruder macht die Synths bei einem anderen.

Und du hast das Album selbst produziert?

Genau. Bei der Hälfte der Aufnahmen ging ich in das Studio von Ian Davenport, einem Freund von mir der auch ein exzellenter Produzent und Techniker ist. Als ich angefangen habe mich selbst anzuschnauzen wusste ich mich raus von da, ich wurde schon ein bisschen verrückt. Es war toll mit jemanden zusammenzuarbeiten und Ian konnte großartig mit meinen Ideen arbeiten.

Im Gesamten wirkt Matador ein bisschen düsterer als Here Come the Bombs. Woher kam deine Inspiration vom textlichen Aspekt?

Das klingt jetzt vielleicht wie ein Klischee aber man schreibt einfach über die Dinge die man kennt, was auch immer dich anmacht oder aufregt. Songs können von Dingen handeln die schon vor längerer Zeit passiert sind oder von Dinge die dich momentan beschäftigen - alles kann entdeckt werden. Nachdem ich die ersten paar Zeilen eines neuen Songs niedergeschrieben habe überlege ich immer kurz ob der Song auch interessant ist und die Geschichte dahinter oder der Zugang dazu auch wirklich stark genug. Erst dann spinne ich das Ganze weiter.

Ich habe es wirklich genossen die Texte zu diesem Album zu schreiben - ich denke ich war einfach nie schüchtern emotional und ehrlich zu sein. Ich sehe keinen Sinn darin diese Dinge zu verstecken. Aber es gibt auch viele positive Dinge auf dem Album - viel über Liebe und viel über diese Verbindung zwischen zwei Menschen, ich finde solche Momenten einfach wunderschön und ich finde es lohnt sich darüber zu schreiben.

Für mich ist jeder Track sehr eigenständig. Ich hatte noch nicht wirklich die Zeit oder den Raum das Album als Ganzes zu betrachten. Es ist sehr spannend für mich wenn Leute selbst Verbindungen in der Platte finden. Das ist das großartige an Musik - du findest deine eigene Interpretation.

Hast du einen Lieblingstrack auf dem Album?

Das ändert sich ständig. ‘Needle’s Eye’ hat sich letztens in der Probe extrem toll angehört, und ich denke ich hatte eine Art Mini-Offenbarung und dachte "wow, dass ist toll" aber nein ich habe keinen richtigen Favoriten. Die Songs leben und atmen - ganz Besonders wenn man sie mit auf Tour nimmt. Es ist eine vollkommen neue Phase, sie werden im wahresten Sinne lebendig.

Du bist bereits zwanzig Jahre als Musiker tätig, lernst du immer noch Neues über dich?

Ja alles! Ich bin mir einfach viel klarer darüber über was ich schreiben will. Die Art und Weise wie wir in Supergrass geschrieben haben war sehr anstrengend zum Teil. Aber für mich ist es sehr wichtig ständig neue Dinge zu lernen, ich sehe mich selbst als komplett neuen Künstler, ich war zwar in einer Band für viele Jahre aber die Arbeit als Solokünstler ist komplett neu für mich. Es ist eine neue Herausforderung aber ich finde das sehr spannend.

Hat sich die Motivation Musik zu machen über die Jahre verändert?

Ich glaube mich treiben immer noch die selben Dinge wie während meiner Zeit bei Supergrass. Ich möchte einfach Musik machen die sich verdammt großartig anhört. Und natürlich will man sich ständig verbessern, aber es ist als Solokünstler bestimmt anders als als Band.

Als Band hatten wir den Druck nach "Alright" und "Pumping on your Stereo" weitere Hits zu schreiben. Sobald du es geschafft hast (in der Musikindustrie) verbindet man einen immer mit einer bestimmten Sache und man muss diesen Status aufrechterhalten. Ich glaube wir haben alles halbwegs richtig gemacht, aber es fühlt sich toll an nochmal starten zu können. einfach alles auszumisten und nochmal zu beginnen. Ich weiß die Medien werden mich immer in einem Atemzug mit Supergrass nennen aber ich trage keine Alt-Lasten mit mir herum. Ich starte komplett neu - mit einem weißen Blatt Papier vor mir.

Jänner 2015