Killerpilze

Interview

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„Wie können bzw. müssen die Killerpilze 2016 klingen?“ haben sich Jo, Fabi und Maximillian gefragt. Das Resultat findet sich auf "High". Im Interview sprechen die drei über Inspirationen, Lieblingsbands und warum es gerade in Zeiten wie diesen wichtig ist mit seiner Musik eine Botschaft zu vermittlen.

Nach zwei Jahren Pause präsentiert ihr euer Album HIGH! Wie würdet ihr das Album kurz zusammenfassen?

Jo: Wir wollten ein interessantes Popmusikalbum machen und haben es geschafft, es besser klingen und aussehen zu lassen, als das, was größtenteils die deutschsprachige Radiolandschaft verstopft.

Fabi: 11 Hits mit Blues!

Was war euch textlich und musikalisch besonders wichtig?

Jo: Mir war es wichtig, dass das Album, selbst wenn es aus der Zeit fallen würde, immer wieder Bezugspunkte für den Hörer hat: Universelle Gefühle runtergebrochen auf persönliche Erfahrungen: Liebe, Sex, Verlust, all das kennt jeder und ich habe versucht meine Rendezvous mit diesen Gefühlen in Texte zu gießen. Der Plan war, das alles ein bisschen prägnanter umzusetzen, als noch auf der letzten Platte. Ob mir das gelungen ist, werden die Leute beurteilen.

Maximilian: „Wie können bzw. müssen die Killerpilze 2016 klingen?“ war die Frage, um die sich der komplette kreative Prozess gedreht hat. Was wir nicht wollten, war eine der weiteren Soundverwalter-Bands sein, die Album nach Album im Hamsterrad drehen. Deshalb haben wir mit Henning Sommer (Anm. d. Red.: Produzent aus Hamburg) herumexperimentiert und sind Risiko gegangen, wie bei den letzten Platten auch schon. Wir wollten Songs schreiben, die wir eigentlich nicht schreiben können, die wir uns erarbeiten und dann zu Eigen machen. Außerdem war klar, dass wir uns in poppigere Gefilde bewegen wollen, ohne unsere Blues-Wurzeln zu verleugnen.

Fabian: Eigentlich war uns nur wichtig, was Geiles abzuliefern... (lacht)

Stellenweise hat das Album einen gewissen 80er Feel - welche musikalischen Referenzpunkt gab es für das Album?

Jo: Das freut mich, wenn man das an gewissen Stellen heraushört. Die 80er sind in unseren privaten Spotify-Listen seit einiger Zeit auf dem Vormarsch und Bands wie INXS, Kenny Loggins, Don Henley oder Toto laufen schon mal im Tourbus. Einen klaren Referenzpunkt für das Album gab es so gesehen nicht. Eigentlich wollte ich nur wissen, was passiert, wenn man mit Versatzstücken aus verschiedenen Jahrzehnten Popmusik arbeitet und sie versucht, auf eine Platte zu bannen: Blues, 80s, Dance-Elemente, Punk. Eklektisch sollte es sein. Stylish. Spannend.W

Fabian:...weil wir so ja auch privat Musik hören. Man hört sich einfach durch verschiedene Genres und Zeiten. Jeder Song auf HIGH funktioniert für sich und dennoch kann man einen konzeptionellen Überbau erkennen, wenn man das möchte.

Maximilian: Das Album funktioniert auch wunderbar auf Vinyl. Einmal komplett durchhören. Deshalb haben wir uns den Traum einer Vinyl erfüllt.

Ihr seit bekennende Mutemath Fans - Was findet man sonst noch in eurem Plattenregal?

Jo: Wer Mutemath hört, muss nichts anderes mehr hören...(lacht)
Fabi: Jo und ich hören unglaublich viel Musik. Alleine schon, weil Jo seine eigene Radioshow macht, schieben wir uns gegenseitig immer wieder neue Sachen hin und her. In letzter Zeit (mal wieder) aktuell waren: Tame Impala, Jamie XX, Famp, Drake und Kendrick Lamar, The 1975, George Fitzgerald, The Police, Hyde & Beast und Turbostaat...
Maximilian: Ich hör’ gern die alten Blues-Sachen aus der Plattensammlung meines Dads: Led Zeppelin, immer wieder Beatles, Oasis und halt alles, was mir die Jungs so geben.

Während Jos` Songs sich mit Abenteuer und der Suche nach der großen Liebe beschäftigten, singt Mäx über seine große Liebe die er schon gefunden hat - wie schafft ihr es beide Lifestyles in das Album zu packen?

Jo: Wir haben uns darüber eigentlich nie Gedanken gemacht, sondern es ist einfach so entstanden. Wir erzählen uns gegenseitig alles und aus diesen Gesprächen entwachsen dann oft Text-Ideen, die ich versuche, umzusetzen. Ich sehe mich dann eigentlich eher als Übersetzer. Außerdem ergänzen sich die unterschiedlichen Lifestyles zu guten Geschichten. Die beiden Farben machen es ja auch aus. Yin und Yang. Dunkel und Hell. Lederjacke und Sakko. Die Welt lebt doch von Gegensätzen...(lacht).

“Alles Anders” scheint das Motto für das Album zu sein - was wolltet ihr auf dieser Platte bewusst anders oder neu machen?

Maximilian: Wir sind eine Band, die ständig auf der Suche nach neuen Impulsen ist. Wir langweilen uns unglaublich schnell selbst im positiven Sinne und versuchen uns an verschiedensten Sachen: 2011 haben wir ein Metal-Album mit Elektro-Einflüssen gemacht, 2 Jahre später sah die Welt ganz anders aus, dann haben wir Musik für einen Film komponiert und jetzt nochmal 3 Jahre später steht HIGH in den Regalen. Wir drücken uns auf verschiedenste Weise aus und haben das große Glück, dass viele Menschen uns das zugestehen und auf die Konzerte kommen.

Jo: Das ist für uns Kunst und künstlerische Freiheit. Machen dürfen, was man will. Das haben wir uns mit den letzten 3-4 Alben erarbeitet und ich empfinde es schon fast als unsere Pflicht, immer wieder neu auszuloten und damit auch Impulse zu setzen. Und wenn nur eine neue junge Band darin eine Chance erkennt, ebenfalls verrückt zu sein und nicht der üblichen Agenda „how to be successful“ zu folgen.

Fabian: Neulich sagte uns ein Kritiker, dass unsere Diskographie in 5 Jahren schon außergewöhnlich für eine so junge Band sein wird. Das war ein schönes Kompliment!

In der Vergangenheit habt ihr euch in die Berge zurückgezogen um an eurer Musik zu arbeiten - dieses Mal ging es in die Stadt, nach Hamburg! Was war der markanteste Unterschied?

Jo: Das war keine geplante Entwicklung, aber dennoch hat sie uns gut getan, weil wir nicht nur in unserem Tunnel gearbeitet haben, sondern in den Nächten nach 12 – 14 Stunden Studio auch immer mal noch rausgehen konnten und ein bisschen im Leben abgetaucht sind. Und tatsächlich bietet die Stadt in gewissen Momenten einfach auch mehr Projektionsfläche für spannende Geschichten.

Nach Curse, habt ihr jetzt mit Henning Sommer (Wilhelm Tell Me) zusammengearbeitet - Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und wie war es mit ihm zu arbeiten?

Fabian: Henning haben wir schon vor Jahren kennengelernt, auch über seine Band. Dass wir dann aber tatsächlich mit ihm im Studio landen würden, war nicht abzusehen.

Maximilian: Im Herbst 2014 sind wir dann mal nach Hamburg geflogen, um zu schauen, ob wir zusammen Musik machen können. Man muss sich ja auch immer extrem fallen lassen können oder öffnen, um mit jemandem Musik zu machen. Aber vom ersten Moment an war da was ganz Besonderes im Raum. Die Chemie hat zu 110% gepasst. Wir sind nach dem ersten Wochenende mit 2 neuen Songs aus dem Studio spaziert.

Jo: Dadurch, dass Henning auch ein junger Typ ist, hat er genau die Risikobereitschaft, die für uns spannend ist. Abgesehen davon macht er geilen Scheiß und lässt die Sachen unglaublich klingen. Die Studiozeit hat wirklich Spaß gemacht.

Ihr engagiert euch seit längerem gegen Rechtsextremismus und wart letztes Jahr in Afrika für Menschen für Menschen - wie wichtig sind euch kartiative Projekte und was nehmt ihr persönlich und als Band davon mit?

Jo: In Zeiten wie diesen ist es gerade als Künstler wichtig, etwas zu sagen. Als Texter frage ich mich derzeit tatsächlich oft, ob das Album vielleicht nicht zu positiv ausgefallen ist, aber dann denke ich mir, dass es dafür eine andere Qualität für die Zuhörer hat. Dennoch nehmen wir unsere Rolle als Sprachrohr gegen Rechts sehr ernst. Mit „Kein Bock auf Nazis“, die auch auf Tour dabei sind und „Menschen für Menschen“ arbeiten wir seit jeweils 10 Jahren zusammen. Ich würde sagen, das zeigt, wie wichtig uns das ist.

Fabian: Gerade die Reisen nach Äthiopien waren für uns als Band immer unglaublich lehrreich und aufrüttelnd. Man lernt den eigenen Wohlstand nochmal ganz anders zu schätzen, wenn man diese armen, aber glücklichen Menschen gesehen hat. Jetzt startet auch unser neues Projekt „High 5 for Live“, mit dem wir die Fluchtursachen in Ländern wie Äthiopien auf die nächsten 5 Jahre gesehen bekämpfen wollen. Bildung war lange Zeit ein Hauptthema, für das wir uns eingesetzt haben, aber jetzt öffnen wir uns in Richtung Gesundheitswesen, Ackerbau, Ernährung usw. Wir hoffen, unsere Fans helfen nach den letzten großartigen Ergebnissen weiter mit, den Menschen dort eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.

Maximilian: Auch wenn es im Moment sicher schwer fällt, an Äthiopien zu denken, ist es doch wichtig: Im Moment ist dort die größte Hungerkatastrophe der letzten Jahrzehnte...

Welche Festivals stehen diesen Sommer auf den Programm?

Jo: Im Sommer stehen einige Festivals an, darunter auch richtige Hochkaräter, die wir aber leider aufgrund der Veröffentlichungspolitik noch nicht verraten dürfen. Soviel sei gesagt, der hohe Norden, die Mitte des Landes und viele viele weiteren Bühnen werden festivalmäßig bespielt. Wir haben unglaublich Bock, die neuen Songs live zu präsentieren und neuen Leuten zu zeigen, dass wir eine der besten Livebands des Landes sind. Am Ende des Tages geht es doch immer ums Live spielen.

März 2016